Von Wolfgang Leyn

Den Flughafen beim 1896 eingeweihten Scherbelberg am Rande von Gohlis gab es nur in der Phantasie. Auch ohne Flughafen ist Gohlis verkehrsgeschichtlich interessant. Alte Postkarten, Archivbilder und private Schnappschüsse zeigen im Kalender des Bürgervereins für 2021, wie Gohliser früher unterwegs waren, zu Fuß, mit dem Pferdefuhrwerk, mit Fahrrad, Auto und Motorrad, mit Straßenbahn, Bus oder Eisenbahn.
Auf der Rückseite der Kalenderblätter erfahren Sie in Text und Bild Interessantes darüber. Ab Oktober gibt‘s den Wandkalender im DIN A 4-Querformat für 9 € im Budde-Haus. Sie können vorbestellen unter buergerverein@gohlis.info.
Im Folgenden ein Auszug aus dem Text zum Monatsbild September „Mobil in Gohlis – Auto“:

Intakte Privat-Pkws waren nach Ende des 2. Weltkrieges auch in Gohlis eine Seltenheit. Doch der heute exotisch anmutende Anblick eines Autos mit Kessel im Heck war damals nichts Ungewohntes. Seit 1942 gab es in Deutschland Kraftstoff nur noch fürs Militär; also wurden Lkws und Pkws auf Holzgasbetrieb umgerüstet. […]

Leipzig ist heute wieder ein wichtiger Standort der Autoindustrie. 2002 nahm das hiesige Porsche-Werk die Produktion auf, 2005 folgte BMW. Schon vor rund 100 Jahren wurden in der Stadt Autos gebaut – bei Polyphon in Wahren ab 1904. […] August Horch hatte 1904 seine Motorwagenfabrik ursprünglich in Leipzig gegründet. Weil Zwickau aber günstigere Bedingungen bot, zog die Firma dorthin um.

Und Gohlis? Leipzigs erstes halbwegs fahrfähiges Automobil hatte 1880 Julius Wilhelm von Pittler entwickelt, der 1886 bis 1904 in Gohlis lebte. Doch wegen der Lärmbelästigung verbot die Polizei das mit einem Schießpulver-Motor ausgestattete Fahrzeug. Ab Mitte der 20er-Jahre wurden dann in den Gohliser Bleichert-Werken Elektroautos gebaut. Ende der 1950er-Jahre entwickelte Joachim Kunsch in Gohlis das Krausemobil, ein Kleinstauto für Menschen Mit Einschränkungen.

Die frühen Automobile waren reparaturanfällige Prestigeobjekte für Wohlhabende. Auch Kraftstoff war teuer. Manche Privathäuser, die nach 1910 in Gohlis-Süd gebaut wurden, verfügen im Souterrain über eine Garage, so im Poetenweg, in der Fechnerstraße oder der Stollestraße. […]

Rund zwei Drittel aller Gohliser Haushalte verfügten 2019 über einen Pkw. Die meisten stehen heutzutage am Straßenrand, täglich im Schnitt 23 Stunden lang. Car-Sharing wäre eine Alternative. Elektroautos haben eine bessere CO2-Bilanz als jene mit Verbrennungsmotor, den knappen Verkehrsraum verstopfen sie auch. In vielen Fällen wäre der Umstieg aufs Fahrrad oder den öffentlichen Nahverkehr problemlos möglich.