von Agnes Niemann

Vor 150 Jahren, im Oktober 1871, wurde der Grundstein für den Bau der Gohliser Kirche gelegt. Zwei Jahre zuvor hatte das sächsische „Ministerium für Cultus und Unterricht“ einer Ausgemeindung der Gohliser aus der Eutritzscher Kirchgemeinde zugestimmt, unter der Voraussetzung, dass umgehend ein Kirchenvorstand gewählt werde und zügig die Bauarbeiten für eine Kirche in die Wege geleitet werden.

Das Baugrundstück auf dem heutigen Kirchplatz, der damals noch Lindenplatz hieß, war ein Geschenk der Altgemeinde Eutritzsch. Nachdem sich 1870 der erste Gohliser Kirchenvorstand konstituiert hatte und als erste Amtshandlung die Pfarrstelle an den Katecheten Woldemar Seydel vergeben wurde galt es nun, der Gemeinde auch einen würdigen Raum für das wöchentliche Zusammenkommen zu schaffen.

Den Auftrag für den Bau der Kirche erhielt der junge Architekt Hugo Altendorff, dessen Bekanntheit sich bis dahin vor allem auf mehrere Umbauprojekte von Kirchen begrün-dete. Außerdem hatte er sich auch auf theoretischer und kunsthistorischer Ebene mit Sakralbauten befasst.

Vor dem Hintergrund eines sich neu entfachenden nationalen Bewusstsein im letzten Viertel des 19. Jahrhunderts, das unter anderem geprägt war von einer romantischen Begeisterung für die Kunst und die Bauten des Mittelalters, ist auch die architektonische Gestaltung der Gohliser Friedenskirche zu sehen.

Der Architekt Hugo Altendorff hatte als Kind seiner Zeit sehr klare Vorstellungen vom Aussehen eines ‚perfekten‘ protestantischen Kirchengebäudes; die ästhetischen und baulichen Anforderungen einer modernen Kirche sah er in idealster Weise durch den Spitzbogenstil der Gotik befriedigt. Auch die evangelische Kirchenleitung lieferte damals relativ strikte Richtlinien für die bauliche Gestaltung von Kirchenneubauten, die sich am liturgischen Regelwerk und an praktischen Notwendigkeiten des Gemeinde-lebens orientierten.

Aus diesen zeitgeschichtlichen Umständen erklärt sich das relativ schlichte Er-scheinungsbild der Gohliser Kirche, das von dem einen oder anderen als langweilig und unattraktiv bezeichnet werden mag. Der besondere Reiz der Kirche erschließt sich dem flüchtigen Besucher aber möglicherweise doch schon beim zweiten Blick oder bei einem kleinen Rundgang.

Die Friedenskirche ist ein in sich ruhender Raum mit harmonischen Proportionen, der sparsam eingesetzte Bauschmuck wirkt wie perfekt mit dem Gebäude verwachsen. Der komplett bis zur Spitze durchgehend gemauerte Kirchturm erstrahlt seit 2003 in neuem Glanz und zeugt von der besonderen Wirkung, welche die Friedenskirche in ihrer Anfangszeit gehabt haben muss.

Leider hat die Friedenskirche in ihrer relativ kurzen Geschichte viel mitmachen müssen. Der Krieg und die DDR-Zeit haben sie viele Teile der Ausstattung gekostet: z.B. die originalen bunten Glasfenster im Chor und unter den Emporen mit biblischen und historischen Motiven, an deren Anschaffung sich damals viele Gemeindemitglieder persönlich beteiligt haben. Auch die zerstörte Nordsakristei und die tief ausgewaschenen Fugen trüben immer noch das Erscheinungsbild der Friedenskirche.