von Matthias Judt

Zu Beginn des 2. Weltkrieges wurden in Deutschland Lebensmittel rationiert. Diese Lebensmittelrationierung sollte im Gebiet der späteren DDR noch bis Mai 1958 anhalten, dort allerdings begleitet von der Existenz sogenannter Freier Läden, in denen zu deutlich höheren Preisen ansonsten rationierte Lebensmittel frei verkauft wurden. Aus den Freien Läden entstanden später die Verkaufsstellen der „Handelsorganisation“, der „HO“. (1)

Wie es einer Familie erging, die es sich nicht leisten konnte, regelmäßig in die HO zu gehen und sogar mit den Lebensmittelmarken nicht immer auskam, hat Monika Jacob beschrieben, die in Gohlis zur Schule (in die damalige in der 38. Grundschule in der Breitenfelder Straße aufgegangenen 37. Grundschule) gegangen ist. Was sie nie vergessen werde, war, „dass wir bei unserem Kaufmann auf der Georg-Schumann-Straße gegen Ende des Monats die gekauften Lebensmittel ‚anschreiben’ lassen mussten, da die Lebensmittelmarken aufgebraucht waren. Am Anfang des nächsten Monats gab es neue, und die Marken mussten umgehend zurückgegeben werden. Nun reichte der Rest natürlich auch nicht lange! Und mit dem Geld in der Lohntüte unseres Vaters war es genauso. Kann sich das heute noch jemand vorstellen? Gegenüber unserem Kaufmann befindet sich heute ein riesiger Supermarkt. Da bekommt man alles, was das Herz begehrt“. (2)

Monika Jacob berichtete 2015 zudem davon, wie in den 1940er und 1950er Jahren gewaschen und gebadet wurde: „Sehr lebhaft in meinem Gedächtnis [ist] auch unsere ‚große Wäsche’. In unserem Hof befand sich ein Waschhaus, und hier hatte unsere Mutter zwei Tage rund um die Uhr zu tun, in einem Kochkessel die Wäsche zu kochen, in einer großen Zinkbadewanne gut zu spülen und so weiter. Anschließend hing dann der ganze Hof voller Wäschestücke und zum Schluss ging es noch zur Mangel, die gottlob gleich bei uns im Hof war. […] Na, und in dieser Zinkbadewanne wurden wir am Abend alle gleich auch noch gebadet. Apropos baden: Zum Ritual am Samstag gehörte auch das Bad in der Küche in einer langen Zinkbadewanne. Es war sehr aufwendig, erst einmal warmes Wasser auf dem Kohleofen herzustellen, und deswegen kam dann ein Kind nach dem anderen in das gleiche Badewasser.“ (3)

(1) Vgl. Wieland Eschenhagen/Matthias Judt, Der Fischer Weltalmanach Chronik Deutschland 19492014. 65 Jahre deutsche Geschichte im Überblick, Frankfurt/Main 2014, S. 90;
(2) Matthias Judt, “Aufstieg und Niedergang der ‚Trabi-Wirtschaft‘”, in ders. (Hg.), DDR-Geschichte in Dokumenten.
Beschlusse, Berichte, interne Materialien und Alltagszeugnisse, Berlin 1997, S. 87 – 164, hier S. 129.
(3) Vgl. Monika Jacob, „Regenwürmer im Tausch gegen Brot“, in Leipziger Volkszeitung (Hg.), „So war das damals …“ Leser erzählen aus ihrer Jugendzeit, Leipzig 2015, S. 150 – 152, hier S. 152. 3 ebd.