Von Matthias Judt

Am 8. Dezember 2017 fand das 5. Nachbarschaftsforum zum Bauvorhaben auf dem ehemaligen Eutritzscher Freiladebahnhof statt. Hier sollen ab 2019/2020 2.000 Wohnungen für 3.300 Einwohner, Schulen, Sportanlagen, Kitas, Flächen für nichtstörendes Gewerbe, Einzelhandelsobjekte und anderes errichtet werden.

Das fünfte Treffen von Vertretern aus der Kommunalpolitik, aus Vereinen und Initiativen sowie Bürgern, die sich für die Mitarbeit beworben oder ausgewählt worden waren, widmete sich ganz konkreten Themen: Im Siegerentwurf sind bisher die Schul- und Sportflächen nicht groß genug. Die verkehrliche Erschließung eines tief im Areal an der Bahn liegenden Wohngebietes und einer dort geplanten größeren Kita ist im Entwurf ungünstig gestaltet. Die Standorte für den Einzelhandel müssen verschoben werden.

Das wird hier einmal aufgeführt, um zu zeigen, wie intensiv die für Leipzig völlig neue Form der wirklich sehr frühzeitigen Bürgerbeteiligung gestaltet wird. Vorbildlich für andere Vorhaben in der Stadt und darüber hinaus – wie gleich noch berichtet wird. Aber zurück zu den konkreten Problemen, von denen hier eines beschrieben werden soll.

Eine neue Idee für die verkehrliche Erschließung des oben genannten Wohngebietes an der Bahnstrecke beinhaltet auch, auf einem kurzen Stück den geplanten Park zu zerschneiden. Diese Nachricht wurde von den beteiligten Bürgern nicht freudig zur Kenntnis genommen und deshalb heftig diskutiert. Eine weitere Zufahrt auf das Gelände wurde vorgeschlagen, um die Parkquerung zu verhindern. Das wäre eine teure Lösung und brächte an der Stelle Auto- und Fahrradverkehr mit Fußgängern zusammen. Ein anderer Vorschlag zielte darauf ab, die wohl unvermeidliche Parkquerung als Troglösung für den Autoverkehr mit Fußgänger- und Fahrradbrücke oben drüber zu gestalten. Hier würde der Umstand genutzt, dass das gesamte Areal ohnehin ausgekoffert werden muss, um im Erdreich bestehende Versiegelungen aus Bauschutt und anderen Materialien zu beseitigen. Auch das wäre keine sehr wirtschaftliche Lösung. Das Stadtplanungsamt hat als dritte Variante eine Querung als verkehrsberuhigte Zone vorgeschlagen. Die städtischen Verkehrsplaner wollten einen Straßenbau im klassischen Sinne, was nur wenig Zustimmung im Nachbarschaftsforum fand. Etwa im März werden wir wissen, welche Lösung für dieses Detailproblem am Ende gefunden wurde. Dann wird auch das nächste Nachbarschaftsforum stattfinden.

An diesem Beispiel (und auch an einem weiteren, bei dem es um den Vorschlag geht, auf einen geplanten Supermarkt eine Sporthalle zu bauen) zeigte sich jedoch, dass in Teilen der Stadtverwaltung ungern neue Wege gegangen werden. So recht lässt sich das nicht erklären Man kann nur hoffen, dass die zuständigen Stadtbezirksbeiräte und schließlich der Stadtrat ihr am Ende entscheidendes Recht wahrnehmen werden und bei der Beschlussfassung über den Bebauungsplan das Beschreiten neuer Wege voranbringen.

Warum ist nun das Verfahren der Bürgerbeteiligung am Freiladebahnhof vorbildlich? Da kann man drei Dinge nennen. So hat der Stadtrat kürzlich beschlossen, bei der Neugestaltung des Matthäikirch-Areals im Zentrum – an diesem historisch so sensiblen Ort mit dem ehemaligen Sitz der Leipziger Bezirksverwaltung der Staatssicherheit und möglichem Ort für ein Freiheitsdenkmal – den gleichen Weg der Bürgerbeteiligung zu gehen wie am Freiladebahnhof. Auch dort wird es also Bürger- und Nachbarschaftsforen geben und die Vorbereitung von Baubeschlüssen begleitet.

Kürzlich hat eine 40köpfige Delegation aus dem Bezirksamt Tempelhof-Schöneberg in Berlin unsere Stadtverwaltung in Leipzig besucht. Ganz besonders hat die Berliner interessiert, wie wir hier in der Messestadt bei großen Vorhaben die Bürgerbeteiligung neu organisieren.

Ja, und schließlich kann von einem Treffen von deutschen und ukrainischen Stadtplanungsverantwortlichen aus je vier Städten der beiden Länder in Lwiw (Lwow/Lemberg) berichtet werden. Dazu hatte die Bundesregierung nicht nur den Verantwortlichen für das Freiladebahnhof-Projekt aus der Stadtverwaltung auf die Reise geschickt, sondern auch den von seinen Mitgliedern gewählten Sprecher des Nachbarschaftsforums. Beide Leipziger berichteten dort vom Verfahren der Bürgerbeteiligung.