Von Matthias Judt

Leipzig wächst und Gohlis liegt mittendrin im Geschehen

Harte Zeiten liegen hinter der Messestadt. Der weitgehende Verlust der Industriearbeitsplätze in den 1990er Jahren, ein erheblicher Bevölkerungsverlust trotz Eingemeindungen, geringe Einkommen in dem „Armenhaus“ prägten lange Jahre das Bild unserer Stadt. Mit dem Ausbau des Flughafens wurden die Voraussetzungen dafür geschaffen, dass DHL seinen Europa-Drehkreuz von Brüssel nach Leipzig verlagerte. Nach der Ansiedlung von BMW und Porsche – mit Montagelinien startend, aus denen Vollwerke entstanden – und von Zulieferern entwickelte sich Leipzig zum drittwichtigsten Logistikstandort in Deutschland (nach Hamburg und Berlin).

Die erfreuliche wirtschaftliche Entwicklung schlägt auch in anderen Zahlen durch. Seit nunmehr schon einem Jahrzehnt wächst die Bevölkerungszahl, erst vor allem durch Zuzug, seit einigen Jahren auch durch einen Geburtenüberschuss. Die Arbeitslosigkeit sinkt, die Leute haben mehr Geld in der Tasche, und so boomt der Einzelhandel im Zentrum.

Der Wohnungsleerstand ging und geht sichtbar zurück, Baulücken werden geschlossen. An sich gut, aber das hat auch eine Kehrseite: Mieten und Immobilienpreise steigen, das Verkehrsaufkommen nimmt zu, Schulen und Kindertagesstätten müssen geschaffen werden. All das stellt an den Haushalt der Stadt große Herausforderungen, aber ich denke: die sind „angenehmer“ als jene aus den 1990er Jahren, als Armut und Niedergang verwaltet werden mussten.

Gohlis ist da mittendrin im Geschehen. Zwei Dinge sind dabei hervorzuheben, weil sie kurz- und mittelfristig das Erscheinungsbild in und um unseren Stadtteil verändern werden. Die LVB vollziehen einen Flottentausch und mustern Stück für Stück ihre noch vorhandenen Tatra-Straßenbahnen aus. Das betrifft unmittelbar die durch Gohlis fahrenden Linien, denn gerade bei uns sollen die ersten der niegel­nagelneuen Solaris-Straßenbahnen mit erheblich erweiterten Beförderungsvolumen zum Einsatz kommen. Ab Sommer geht’s los damit.

Bis zum Beginn der 20er Jahres dieses Jahrhunderts entsteht in unmittelbarer Nachbarschaft zu unserem Stadtteil ein neuer: Der ehemalige Eutritzscher Freiladebahnhof wird Quartier mit Wohnen, Arbeiten, Spielen, Flanieren. Die Fahrt von und zu Arbeitsstätten oder den Einkaufspalästen im Zentrum wird dadurch schön, denn so richtig prickelnd sieht’s zwischen Chausseehaus und Stadtwerken jetzt wirklich nicht aus. Der Bürgerverein Gohlis ist eingeladen, an der Planung des neuen Stadtteils mitzuwirken.

Im Bürgerverein selbst streben wir einschneidende Änderungen an. Davon habe ich den anwesenden Mitgliedern bei unserer Frühjahrsversammlung erzählt. Intensiv wird nach einem Nachmieter für unsere Räumlichkeiten in der Lindenthaler Straße gesucht. Wir wollen und werden ins Budde-Haus zurückziehen, wo schon jetzt richtig Leben in der Bude ist. Das Haus lebt auf, seitdem FAIRbund die Trägerschaft übernommen hat. Man erkennt, wie sehr das Haus von Akteuren und Bevölkerung vermisst wurde, als der vorherige Träger aufgeben musste.

Vorher (oder auch zwischendurch) wollen wir das Fest zum 700. Bestehen von Gohlis feiern. Es findet am 12. August im Poetenweg vor der Kulisse des Gohliser Schlösschens statt. In der nächsten Ausgabe werden wir dem Ereignis breiten Raum verschaffen, aber schon jetzt habe ich eine große Bitte an Sie, liebe Leserinnen und Leser. Sie können sich sicherlich vorstellen, dass das Fest nicht wenig kosten wird. Spenden sind willkommen, sei es in Geld, in Form von Kuchen (die wir dort verkaufen können) oder vorab nur als leere Gurkengläser, die wir überall auf dem Festgelände als Spendenbox verteilen wollen. Den Tipp haben wir von ProGohlis, dem Kulturverein, bekommen, die ihre Kinderfeste seit langem so finanzieren. Und den Rat nehmen wir sehr gern an.